Sonderheft «International Competition Rules in the GATT/WTO System» In diesem Sonderheft wurden folgende Artikel publiziert. Part I: Need of International Competition Rules Alternative Approaches for Implementing Competition Rules: In Economic Relations John H. Jackson Internationale Wirtschaftsbeziehungen befinden sich in einer Entwicklung in Richtung Binnenmarkt-Strukturen: Volkswirtschaften hängen zunehmend von multilateraler Kooperation ab. Dieser Trend in Richtung Interdependenz kontrastiert jedoch häufig mit fundamentalen gesellschaftlichen Unterschieden, was Bemühungen erschwert, «Marktversagen» und andere wirtschaftliche Schwierigkeiten zu lösen. «Wettbewerbspolitik» ist ein solches wirtschaftliches Anliegen. Gründliche Politikanalyse unterstreicht klar die Notwendigkeit verschiedener Kooperationsformen zwischen Regierungen auf unilateraler, bilateraler, regionaler und multilateraler Ebene. Unabhängig davon berührt Kooperation jeglicher Art eine Reihe komplizierter politischer Probleme, die sich auf Fragen der institutionellen Strukturen und der Machtverteilung beziehen. Das GATT, und darin inbegriffen die WTO, sollte wohl eine zentrale Rolle in der Suche nach Lösungen dieser politischen Probleme spielen, doch sind auch andere Möglichkeiten zu erforschen. Comments of Ulrich Immenga: The Failure of Present Institutions and Rules to Respond to the Globalization of Competition Is there a Need for International Competition Rules Heinz Hauser und Rainer Schöne Der Beitrag untersucht, ob es zur Kontrolle von restriktiven Geschäftspraktiken (RBPs) international tätiger Unternehmen einer internationalen Wettbewerbsordnung bedarf und inwieweit die heutigen rechtlichen Rahmenbedingungen hierfür ausreichen. Hinsichtlich RBPs von importkonkurrierenden Unternehmen auf ihren Heimmärkten, die meist von der Regierung unterstützt werden oder zumindest behördlich geduldet werden, empfiehlt sich eine Strategie, die mit Hilfe der GATT-Regeln die Regierungsunterstützung oder -duldung angeht (non-violation complaint). Kartelle und die missbräuchliche Ausnutzung von Marktmacht lassen sich durch die Anwendung von nationalem Wettbewerbsrecht nach dem Auswirkungsprinzip durch das Importland kontrollieren, da sich es sich um marktspezifische Verhaltensweisen handelt und deshalb keine grösseren zwischenstaatlichen Konflikte zu erwarten sind. Bei Fusionen hingegen wären einerseits einheitliche internationale Standards wünschenswert, da die Auswirkungen von Fusionen nicht auf ein Land beschränkt sind. Andererseits lässt aber die ökonomische Theorie auf dem Gebiet der Fusionskontrolle so viele Fragen offen, dass es angesichts dieser grossen Unsicherheit erfolgversprechender scheint, wenn die national unterschiedlichen Fusionsstandards beibehalten werden und so ein gewisser Wettbewerb unter den Regulierungssystemen stattfindet. Comments of Richard Blackhurst: Competition Policies: National Versus Multilateral Juridiction Proposals for Negotiating International Competition Rules in the GATT-WTO World Trade and Legal System Ernst-Ulrich Petersmann Wettbewerbspolitik und Handelsliberalisierung streben beide offene Märkte und unverfälschten Wettbewerb an. Die Havanna Charta von 1948 sah daher völkerrechtliche Handels- und Wettbewerbsregeln sowohl für Staaten als auch für Unternehmen vor. Als Folge des Nicht-Inkrafttretens der Havanna Charta bestehen völkerrechtliche Wettbewerbsregeln für Unternehmen nur in bilateralen, regionalen und wenigen weltweiten Abkommen. Die verschiedenen UN- und OECD-Empfehlungen gewährleisten weder international noch national wirksame Wettbewerbsregeln. Die einseitige exterritoriale Durchsetzung von EG- und US-Wettbewerbsrecht führt immer häufiger zu internationalen Handels- und Wettbewerbskonflikten. Die Uruguay-Runde Abkommen enthalten zwar eine Vielzahl neuer Wettbewerbsregeln für Staaten und Unternehmen. Aus einer Reihe von Gründen wird die Vereinbarung zusätzlicher internationaler Wettbewerbsregeln aber eine der Hauptaufgaben der neuen Welthandelsorganisation werden. Der Beitrag stellt die vier wichtigsten verfahrens- und materiellrechtlichen Ansätze für derartige Abkommen über internationale Wettbewerbsregeln als Teil des WTO-Rechts dar. Part II: Unfair Trade Practices and Competition Rules Competition Rules for Private Agents in the GATT/WTO System. Wolfgang Fikentscher Von 1990 bis 1993 erarbeitete die Antitrust-Arbeitsgruppe auf freiwilliger Basis einen Entwurf für einen internationalen Antitrust-Kodex als GATT/WTO-Handelsvertrag. Dieser wurde dem GATT-Generaldirektor Peter D. Sutherland am 9. Juli 1993 vorgestellt. Der Entwurf basiert auf einer Reihe von Prinzipien, die teilweise der Pariser und der Berner Konvention zu intellektuellem Eigentum entstammen. Ein Prinzip prozeduraler Inititative, enthalten in Artikel 19 des Entwurfes, sorgt für die internationale Implementation der Regeln des Entwurfes unter GATT-Aufsicht. Ausserdem enthält der Entwurf Bestimmungen zur Kontrolle von Konzentration und Restrukturierung. Dem Entwurf unterliegt ein Wettbewerbskonzept, das sich an den praktischen Bedürfnissen des Handels orientiert. Comments on the Draft International Antitrust Code Comments of Bernard J. Philips Der Beitrag untersucht, ob es zur Kontrolle von restriktiven Geschäftspraktiken (RBPs) international tätiger Unternehmen einer internationalen Wettbewerbsordnung bedarf und inwieweit die heutigen rechtlichen Rahmenbedingungen hierfür ausreichen. Hinsichtlich RBPs von importkonkurrierenden Unternehmen auf ihren Heimmärkten, die meist von der Regierung unterstützt werden oder zumindest behördlich geduldet werden, empfiehlt sich eine Strategie, die mit Hilfe der GATT-Regeln die Regierungsunterstützung oder -duldung angeht (non-violation complaint). Kartelle und die missbräuchliche Ausnutzung von Marktmacht lassen sich durch die Anwendung von nationalem Wettbewerbsrecht nach dem Auswirkungsprinzip durch das Importland kontrollieren, da sich es sich um marktspezifische Verhaltensweisen handelt und deshalb keine grösseren zwischenstaatlichen Konflikte zu erwarten sind. Bei Fusionen hingegen wären einerseits einheitliche internationale Standards wünschenswert, da die Auswirkungen von Fusionen nicht auf ein Land beschränkt sind. Andererseits lässt aber die ökonomische Theorie auf dem Gebiet der Fusionskontrolle so viele Fragen offen, dass es angesichts dieser grossen Unsicherheit erfolgversprechender scheint, wenn die national unterschiedlichen Fusionsstandards beibehalten werden und so ein gewisser Wettbewerb unter den Regulierungssystemen stattfindet. Part III: International Code of Competition Policy Should Antidumping Rules be replaced by National or International Competition Rules Patrick A. Messerlin Die zunehmende Unzufriedenheit mit dem Funktionieren von Handelsgesetzen über contingent protection und insbesondere von Anti-Dumping-Regeln hat den Vorschlag zunehmend populärer gemacht, Wettbewerbsregeln auf Handelsstreitigkeiten anzuwenden. In diesem Artikel wird argumentiert, dass die Wettbewerbspolitik der verschiedenen Länder sich so stark unterscheidet, dass ein schneller Übergang zu verwirrenden Resultaten führen würde, da nationale Wettbewerbsbehörden unterschiedliche Konzepte oder gleiche Instrumente unterschiedlich anwenden würden. Kurzfristig wäre es vorzuziehen, Antidumping- und Wettbewerbsregeln stufenweise durchzusetzen. Dies würde erlauben, wettbewerbsrechtliche Massnahmen anzudrohen, wodurch die Kosten von protektionistischen Antidumping-Massnahmen erhöht würden, ohne die Wettbewerbsbehörden zu überfordern. Can Competition Policy Control «301»? J. Michael Finger and K.C. Fung Dieser Aufsatz geht der Frage nach, ob rigorosere internationale Wettbewerbsstandards den von den USA praktizierten handelspolitischen Unilateralismus in Gestalt des «301-Verfahrens» ersetzen könnten. Mit anderen Worten: Wäre es möglich, die im Rahmen von «301-Verfahren» bezweckte Öffnung ausländischer Märkte durch ein entschlosseneres Vorgehen gegen private anti-kompetitive Praktiken zu erreichen? Die Verfasser wählen zur Untersuchung dieser Frage folgendes Vorgehen: Zunächst wird die Funktionsweise des «301-Verfahrens» kurz beleuchtet. Anschliessend diskutieren die Autoren die bisherigen «301-Verfahren» und gelangen zu der Schlussfolgerung, dass es hierbei nicht um Wettbewerbsfragen, sondern um die Verbesserung der Absatzchancen von US-Exporteuren geht. Internationale Wettbewerbsregeln stellen somit kein «Gegengift» gegen das «301-Verfahren» dar. Darüber hinaus wird die Auffassung vertreten, dass der US-Unilateralismus nicht als verkappter Protektionismus, sondern als ein wirksames Mittel zur (multilateralen) Marktöffnung anzusehen ist. Comments of David Palmeter: Competition Policy and «Unfair» Trade: First Do. No Harm.