Sonderheft «Decision Rules in the European Union - A Rational Choice Perspective» In diesem Sonderheft wurden folgende Artikel publiziert. Part I: Horizontal Interaction Maastricht and the Democratic Deficit Georg Tsebelis Das Kapitel vergleicht den Einfluss verschiedener institutioneller Akteure der Europäischen Union (Rat, Kommission und Europäisches Parlament) im Rahmen des Kooperations- und des Mitbestimmungsverfahrens. Eine Reihe von Modellen ermöglicht es dem Leser, den Einfluss der drei Akteure in Gesetzgebungsverfahren einzuschätzen. Es ergeben sich folgende Schlussfolgerungen: 1. Der Einfluss der Kommission wird durch das Mitbestimmungsverfahren reduziert. 2. Das Verhältnis zwischen Rat und Parlament wird durch die Änderungen unbestimmter, da die Fähigkeit des Parlamentes, institutionelle Entscheidungen zu beeinflussen (durch das im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens eingeführte Veto) steigt, während seine Fähigkeit (durch die Vorgabe einer verbindlichen Agenda gemäss dem Kooperationsverfahren) laufende Politikentscheidungen zu beeinflussen, reduziert wird. Der Artikel wagt die Prognose, dass die Bedeutung des Europäischen Gerichtshofes als Schlichter zwischen Rat und Parlament verringert werden wird, da nun jeder der Akteure unabhängig von den anderen die Macht hat, den Europäischen Entscheidungsprozess zu blockieren. Deshalb werden Meinungsverschiedenheiten in Zukunft politisch und nicht juristisch gelöst werden. The Benefits of the Conciliation Procedure for the European Parliament: Comment to George Tsebelis Peter Moser [Abstract wird nachgereicht] Policy Making and Commission Appointment in the European Union Christophe Crombez Dieses Kapitel stellt ein räumliches Modell vor, dass den Einfluss der Besetzung der Kommission auf die Politikentscheidungen untersucht. Die Theorie beschreibt die Eigenschaft von «wirksamen» Kommissionen, welcher ernannt werden können und ihre bevorzugte Politik realisieren können. Ich untersuche, inwieweit Veränderungen der Entscheidungsprozesse den Einfluss der Kommission verändert haben. Insbesondere zeigt die Arbeit, dass der zunehmende Einfluss des Parlaments bei der Wahl der Kommission als auch bei den Politikentscheidungen die Möglichkeit von wirksamen Kommissionen reduziert hat. The Commission as a Pawn to the Member Countries: Comment to Christophe Crombez Simon Hug [Abstract wird nachgereicht] Beyond comitology: a comparative analysis of implementation procedures with parliamentary involvement Bernhard Steunenberg, Christian Kobold and Dieter Schmidtchen Obwohl das europäische Parlament eine wichtige Rolle im legislativen Prozess Europas inne hat, ist es noch nicht bei den Entscheidungen zur Umsetzung von Massnahmen eingebunden. Die dominante Rolle dabei fällt nach wie vor dem Rat zu. Gemäss den geltenden Komitologie-Regeln hat der Rat, und damit die Mitgliedstaaten, das Recht, die Komission bei der Durchsetztung der EU-Gesetze zu überprüfen. In der vorliegenden Arbeit schlagen wir zwei neuartige Verfahren vor, welche den Einfluss des Parlamentes stärken würden. Wir vergleichen die Wirkung dieser neuen Verfahren mit den bestehenden Überwachungsmechanismen und zeigen, wie sich durch die neuen Verfahren das institutionelle Gleichgewicht in der Union verändern würde. Redistribution and the Power Struggle within the European Union: Comment to Bernhard Steunenberg, Christian Kobold and Dieter Schmidtchen Gerald Schneider [Abstract wird nachgereicht] Part II: Vertical Integration European Union Power and Regional Involvement: A Case Study of the Political Implications of the Reform of the Structural Funds for Ireland Diane Payne, Robert Mokken and Frans Stokman Die Reform der Verfahren zur Vergabe von Geldern aus dem EU-Strukturfonds könnte im Laufe der Zeit die Macht der nationalen öffentlichen Verwaltung in Irland auf Kosten anderer politischer Akteure beschränken. Der mit der Vergabe der Strukturfondsgelder verbundene politische Prozess beinhaltet eine ganze Reihe kollektiver Entscheidungsfindungsprozesse. Die zu entscheidenden Sachfragen betreffen sowohl nationale, als auch subnationale Politikbereiche. Die Politikergebnisse in den unterschiedlichen Bereichen ergeben sich aus dem Zusammenspiel unterschiedlicher Interessengruppen mit sich verändernden Einflussmöglichkeiten, Politikpräferenzen und Anliegen. Während die politischen Akteure der subnationalen Ebene in Irland ihren Einfluss in subnationalen Politikbereichen erweitern konnten, aber von der nationalen Politik ausgeschlossen blieben, ist die Generaldirektion XVI für Regionalpolitik der Europäischen Kommission im Laufe der Zeit zu einem sehr wichtigen Akteur in beiden Bereichen geworden. The Role of the Regions and the 'Partnership Principle' in the Structural Policy,Comment to Diane Payne, Robert Mokken and Frans Stokman René Buholzer [Abstract wird nachgereicht] Political Accountability in an Economic and Monetary Union Susanne Lohmann Schliessen sich Staaten zu einer politischen Union zusammen, so wird die Verantwortung für die Ergebnisse der Wirtschaftspolitik (Inflation und Wirtschaftswachstum) auf eine Vielzahl von Politikern verteilt. Dies hat zur Folge, dass die von den einzelnen Politikern gemachten Vorschläge von den Wählern weniger gründlich geprüft werden können. In dieser Arbeit wird untersucht, welche Konsequenzen sich daraus für Politikentscheidungen und Wohlfahrt ergeben.Ich zeige auf, dass die durchschnittliche Qualität der Politiker in einer politischen Union tiefer ist als bei nationalen Entscheidungen. In einer politischen Union ist hingegen der Anreiz zur Manipulation der Geldpolitik kleiner, so dass gesamthaft positive Wohlfahrtswirkungen möglich sind. Political Pressures on the Future European Central Bank: Comment to Susanne Lohmann Robert Holzmann [Abstract wird nachgereicht] Explaining the Centralization of the European Union: A Public Choice Analysis Patrick Dunleavy Der Autor untersucht die zunehmende Zentralisierung der Europäischen Union aus verschiedenen Perspektiven, welche sowohl die Nachfrage nach als auch das Angebot an Zentralisierung berücksichtigen. Gemäss der "triple state"-These versuchen Grossunternehmen, die für ihre Gewinne wichtigen Politikentscheidungen dem direkten Wählereinfluss durch Zentralisierung zu entziehen. Nach dem wohlfahrtsmaximierenden Ansatz delegieren die Bürger jene Kompetenzen an die zentrale Gewalt, bei denen die Ziele auf europäischer Ebene effizienter erreicht werden können. Dies dürfte vor allem für die Umverteilungspolitik zutreffen. Gemäss dem Bürokratiemodell spielen die Präferenzen der Bürokraten in der EU nach weitergehender Zentralisierung die entscheidende Rolle. Schliesslich erklärt der Transaktionskostenansatz die partielle Delegation aus der Sicht nationaler Entscheidungsträger, die sich dadurch einerseits besser binden und anderseits unpopuläre Entscheidungen der EU überlassen können. Insgesamt kommt der Autor zum Schluss, dass die Zentralisierung weitergehen und das "Demokratiedefizit" bestehen bleiben Supply and Demand Factors of Centralization, Comment to Patrick Dunleavy Gebhard Kirchgässner [Abstract wird nachgereicht] Part III: Discussions of Selected Reform Proposals Government Formation in the European Parliament Michael Laver Dieses Kapitel analysiert die politischen Implikationen einer hypothetischen institutionellen Reform der Europäischen Union: das Europäischen Parlament erhält die Kompetenz, die politische Exekutive der Union zu bestimmen. Hierzu werden zwei unterschiedliche Modelle - das dynamische Modell der Protokoalitionsbildung und das Portfolio-Allokations-Modell - verwendet. Die Positionen der Parteien im Politikspektrum werden mit Hilfe einer Expertenbefragung ermittelt. Unabhängig vom gewählten Modell befindet sich die liberale Parteiengruppe bei einer anstehenden Regierungsbildung in einer Schlüsselposition. Diese Schlussfolgerung trifft selbst dann noch zu, wenn die zur Zeit in Bezug auf die politischen Positionen ihrer Mitgliedsparteien recht inhomogene Gruppe bei der Regierungsbildung auf ihre ideologischen "Kernmitglieder" reduziert wird. Should the European Parliament be Given the Power to Elect the Commission? Comment to Michael Laver Dennis C. Mueller [Abstract wird nachgereicht] The Power of Political Parties in the Institutions of the European Union Josep M. Colomer and Madeleine O. Hösli Im Gegensatz zu traditionallen Analysen der a priori Abstimmungsmacht von Mitgliedstaaten im Rahmen der Eu-ropäischen Union (EU) untersucht dieser Artikel die Machtverteilung zwischen politischen Parteien im Rahmen der EU zu einem festgesetzten Zeitpunkt. Die Berechnungen beruhen auf der Annahme, dass sich im Rahmen des Europäischen Parlaments nur «verbundene Koalitionen» («connected coalitions») formieren und dass die Macht im Rahmen des Rates der Union zwischen den relevanten nationalen Regierungsparteien verteilt ist. Auf der Basis dieser Annahmen wird ein Index des totalen Einflusses von politischen Parteien im Rahmen des insti-tutionellen Gefüges der EU konstruiert. Gemäss dem Vorgehen erweist es sich, dass die nationalen Regierungsparteien der fünf grössten EU-Mitgliedstaaten - Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien und Spanien - gegenwärtig die einflussreichsten politischen Akteure innerhalb der EU-Institutionen sind. Für den Zeitpunkt Ende 1996 ist der Einfluss speziell ausgeprägt im Falle der britischen Konservativen, der deutschen Christdemo-kraten und der Spanischen Volkspartei. Zudem befinden sich die britische Labour-Partei und die italienische Forza Italia, zwei der wichtigsten nationalen Oppositionsparteien, gegenwärtig in einer guten Ausgangsposition um eine politische Mehrheit in den EU-Institutionen zu erreichen. Die Wahrscheinlichkeit von «politischer Uebereinstimmung» zwischen dem Rat der Union und dem EP erweist sich dagegen aufgrund der hier präsentierten Berechnungen als kleiner denn ein Drittel. The Power Index Method and the European Union: Comment to Josep M. Colomer and Madeleine O. Hösli Jan-Erik Lane, Sven Berg and Reinert Maeland [Abstract wird nachgereicht] Integration through Referendums? Simon Hug Die Instrumente der direkten Demokratie werden sowohl als Hindernisse als auch als Erleichterungen für Inte-grationsvorhaben betrachtet. Im Rahmen der europäischen Integration werden Referenden sogar als eine mögli-che Lösung des "Demokratiedefizit" angesehen. Die Erkenntnisse der Referendumsliteratur lassen jedoch kein eindeutiges Urteil zu, welche Wirkung die direkte Demokratie im Integrationsprozess hat. In der vorliegenden Arbeit untersuche ich mit Hilfe eines spieltheoretischen Instrumentariums die Wirkungen von Ratifizierungsrefe-renden. Ich zeige auf, dass diese einerseits die Legitimität von Entscheidungen erhöhen können, dass andererseits Vertragsänderungen schwieriger werden und die Integration verstärkt selektiv erfolgten kann. Referenda ('Voice') and Tiebout Competition ('Exit') As Means of Integration? Comment to Simon Hug Lars P. Feld [Abstract wird nachgereicht]